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Pyramideneiche Eiche Baum Eicheln grün Quercus robur var fastigiata
Beschreibung von Quercus robur var fastigiata
Die Schöne Eiche ist eine markante Stieleiche, die nördlich des hessischen Harreshausen steht. Es handelt sich hierbei um eine Säuleneiche.
Geschichte
Dieser Baum und seine vegetativ vermehrten Nachkommen bilden die Sorte Quercus robur ‘Fastigiata’. Sie hat wegen ihres charakteristischen Wuchses seit ihrer Entdeckung im 17. Jahrhundert die Aufmerksamkeit von Forstleuten, Botanikern und Naturwissenschaftlern auf sich gezogen. Es gilt als gesichert, dass alle in Mittel- und Nordeuropa vorhandenen Säuleneichen, die wegen ihrer Wuchsform auch Pyramiden- oder Zypresseneichen genannt werden, von ihr abstammen.
Standort
Die Schöne Eiche steht in einem Stadtteil von Babenhausen im Landkreis Darmstadt-Dieburg im südlichen Hessen, etwa 25 Kilometer südöstlich von Frankfurt am Main. Sie steht auf etwa 120 Meter über Normalhöhennull etwa 600 Meter nördlich von Harreshausen und 2,5 Kilometer nordöstlich von Babenhausen. Heute steht sie in einer kleinen Baum- und Strauchgruppe aus jungen Eichen, Linden, Weißdorn und Flieder, umrahmt von einem Holzzaun inmitten eines Feldes.
Beschreibung
Die Schöne Eiche besitzt heute einen regelmäßig konisch geformten und im unteren Bereich völlig astfreien Stamm mit 4,21 Metern Umfang, in einem Meter Höhe gemessen. Uwe Kühn, Stefan Kühn, Bernd Ullrich: Bäume, die Geschichten erzählen. S. 137. Siehe auch: Literatur. Erst in zwölf Metern Höhe beginnt die Krone; hier endet der Stamm abrupt. Bei der Schönen Eiche wachsen die Seitentriebe nicht wie bei anderen Eichen mehr oder weniger waagerecht abstehend, sondern straff nach oben. Die Seitentriebe streben nach kurzem horizontalen Austrieb aufwärts, so dass die Hauptäste etwa parallel verlaufen.
Die heutige recht unregelmäßige Form geht auf zwei Blitzeinschläge in den Jahren 1871 und 1928 zurück, bei denen große Teile der Baumkrone verloren gingen.
Alter
Die Schöne Eiche zählt zu den ältesten Bäumen in Hessen. Schätzungen im Jahre 1940 ergaben ein Alter von 500 Jahren. Hans-Peter Ebert: Die Behandlung von häufig vorkommenden Baumarten. Rottenburg 2003, S. 148. Es wurden zwei Bohrkerne entnommen, mit deren Hilfe das Forstamt Babenhausen das Alter bestimmte. Dieses liegt im Vergleich zu anderen Eichen bei einem Stammumfang von nur 4,21 Metern sehr hoch. Ein so hohes Lebensalter im Verhältnis zum Stammdurchmesser findet man in Deutschland in der Regel nur bei Eiben.
Geschichte
Die Baumgruppe von Süden …
Entstehung und Entdeckung
Bei der Schönen Eiche handelt es sich um eine dendrologische Besonderheit: eine so genannte Knospenmutation der StieleicheHans Joachim Fröhlich: Alte Liebenswerte Bäume in Deutschland. S. 178. Siehe auch: Literatur. vgl. : somatische Mutation. Dies ist wissenschaftlich offenbar nicht eindeutig abgesichert. Wahrscheinlich wuchs dieser Baum schon als Sämling also etwa im Jahr 1450 säulenförmig. Etwa um 1700 ließ Graf Johann Reinhard III. von Hanau einen einzelnen, seitwärts nach Norden strebenden Ast, der in die Normalform zurück mutiert war, durch seinen Oberförster mit einer Büchse abschießen. Hans Joachim Fröhlich: Alte Liebenswerte Bäume in Deutschland. S. 178. Siehe auch: Literatur. Zu dieser Zeit war die Eiche schon als Besonderheit bekannt. Um 1740 entdeckte die Öffentlichkeit den Baum. Der Bereich um den Baum wurde freigeschlagen. In späterer Zeit wurde der gesamte Wald zur Gewinnung von Weideland gerodet, und die Schöne Eiche blieb als sogenannter Überhälter allein stehen.
Wachsender Bekanntheitsgrad
… und von Westen Ein General der französischen Truppen, die im Siebenjährigen Krieg die Landgrafschaft Hessen von 1759 bis 1763 besetzt hielten, soll eine Wache zum Schutz des Baumes abgestellt haben, damit durchziehende Einheiten die Eiche oder Teile von ihr nicht als Brennholz für ein Lagerfeuer verwendeten. Der General habe auch Samen von ihr nach Frankreich schicken lassen, damit in seiner Heimat Anbauversuche unternommen werden konnten.
Aus dem Jahre 1766 stammt die älteste Zeichnung der Pyramideneiche. Sie zeigt den Baum freigestellt und von einem kleinen, viereckigen Gatter umrahmt. In größerem Abstand befanden sich die nächsten, normalwüchsigen Eichen und Kiefern. Ein Bericht über die Eiche von Johann Christoph Stockhausen befindet sich im Hanauischen Magazin des Jahres 1781:
Die Schöne Eiche um 1895Zu dieser Zeit war die Schöne Eiche rund 100 Fuß etwa 30 Meter hoch. Der Schaft hatte dabei einen Anteil von etwa 40 Fuß zwölf Meter und die Krone von etwa 60 Fuß 18 Meter. 1789 diente die Schöne Eiche als Titelkupfer für das Forstarchiv. In Gardeners Chronicle erschien sie 1824. Zu diesem Zeitpunkt war sie nur noch 18 Meter hoch und hatte einen Stammumfang von 3,45 Metern.
Seit 1795 ist dokumentiert, dass regelmäßig Reiser zur vegetativen Vermehrung der Schönen Eiche entnommen wurden. Der älteste bekannte derart erzielte Baum steht noch heute im Bergpark Wilhelmshöhe bei Kassel. Es gilt als gesichert, dass alle vorhandenen Pyramideneichen in Zentral- und Nordeuropa von der Schönen Eiche bei Harreshausen abstammen. Diese kultivierten Eichen stammen entweder aus vegetativer Vermehrung oder von einer der zahlreichen Samenlieferungen. Die Samen wurden seit Ende des 18. Jahrhunderts unter dem Botaniker Borkhausen in viele europäische Länder verschickt.
Der Botaniker Robert Caspary stellte als Erster die Behauptung auf, dass alle Pyramideneichen in Mitteleuropa von der Schönen Eiche abstammen. Er untersuchte 1873 die Eiche sehr gründlich und ermittelte zu diesem Zeitpunkt einen Stammumfang in Brusthöhe von 3,05 Metern. Etwas später, 1875, besuchte der Landschaftsgärtner Eduard Petzold die Schöne Eiche und gab einen Umfang von zehn Fuß etwa 3,3 Meter in einem Meter Höhe an.
Entwicklung bis zur Gegenwart
1871 wurde die Schöne Eiche erstmals vom Blitz getroffen, und am 27. Juli 1928 verlor sie bei einem schweren Gewittersturm einen Teil ihrer Krone, worunter die vollkommene Pyramidenform stark litt. Ein Einheimischer berichtete darüber:
Dieses Ereignis überstand die Eiche aber recht gut. Sie regenerierte sich und trieb aus den verbliebenen Seitenästen neu aus. Im Mai 1959 wurde sie als Naturdenkmal unter Naturschutz gestellt und 1978 saniert. Der Zustand der Eiche ist heute, in Anbetracht des hohen Alters, recht gut. Der Stamm weist einige morsche Stellen auf und ist teilweise hohl. Die Krone, die teilweise durch Seile gesichert wird, ist schütter.
1990 wies der Stamm in 1,3 Meter Höhe einen Umfang von 3,84 Metern auf, bei einer Höhe von 19 Metern und einem Kronendurchmesser von neun Metern. Hans Joachim Fröhlich: Alte Liebenswerte Bäume in Deutschland. S. 178. Siehe auch: Literatur. Um das Jahr 2000 hatte die Eiche einen Stammumfang von 4,21 Metern, in einem Meter Höhe gemessen. Uwe Kühn, Stefan Kühn, Bernd Ullrich: Bäume, die Geschichten erzählen. S. 137. Siehe auch: Literatur.
Nachkommenschaft
Astfreier Stamm der Schönen EicheVegetativ vermehrt, behalten die Nachkommen die Form grundsätzlich bei. Hans-Peter Ebert: Die Behandlung von häufig vorkommenden Baumarten. Rottenburg 2003, S. 148. Sämlinge, die eine Säuleneiche als Mutterpflanze haben, zeigen alle einen mehr oder weniger aufrechten Wuchs. Uwe Kühn, Stefan Kühn, Bernd Ullrich: Bäume, die Geschichten erzählen. S. 138. Siehe auch: Literatur.
Seit 1795 wurden immer wieder Reiser für Veredelungen entnommen, die als botanische Rarität zum Teil teuer verkauft wurden. Die Abkömmlinge der Schönen Eiche lassen sich deshalb nicht mehr komplett überblicken. Großen Anteil an der Verbreitung der Sämlinge und Reiser der Schönen Eiche hatten die Fürstenhäuser und insbesondere die hessischen Landgrafen, die die Pflanzen als dekorative Bäume für größere Gärten, Parks und Alleen verschenkten. Ihre Nachkommen wachsen teilweise schneller als die Mutterpflanze.
In Schwerz-Dammendorf im Saalekreis Sachsen-Anhalt befindet sich eine Pyramideneiche mit einem Alter von ungefähr 200 Jahren. Sie hatte im Jahr 2006 einem Stammumfang von 5,73 Metern, in einem Meter Höhe gemessen. Stefan Kühn, Bernd Ullrich, Uwe Kühn: Deutschlands alte Bäume. S. 76. Siehe auch: Literatur. Die älteste bekannte, von der Schönen Eiche abstammende Pyramideneiche steht seit 1795 im Bergpark Wilhelmshöhe bei Kassel. Uwe Kühn, Stefan Kühn, Bernd Ullrich: Bäume, die Geschichten erzählen. S. 138. Siehe auch: Literatur. Sie ist eine durch Veredelung mit einem Zweig der Schönen Eiche erzielte Tochterpflanze.
Heute sind 126 Sorten der Stieleiche bekannt, wovon etwa 35 säulenförmigen Wuchs zeigen, im normalen Baumschulhandel sind davon zwei vertreten. Seit Ende des 18. Jahrhunderts wurden viele abweichende Wuchsformen der mitteleuropäischen Eichen selektiert und vermehrt, darunter auch die der Schönen Eiche. Der Höhepunkt der Eichen-Selektion fand Mitte des 19. Jahrhunderts statt. Die Sorten werden anhand gleicher Merkmale in einzelne Gruppen unterteilt; die von der Schönen Eiche abstammenden gehören dabei der Gruppe der Säuleneichen an.
Im Handel gibt es noch die zwei Sorten ‘Fastigiata’ und ‘Fastigiata Koster’. In der Literatur findet sich für die Sorte ‚Fastigiata‘ als Varietät die Bezeichnung Quercus robur var. fastigiataHans-Peter Ebert: Die Behandlung von häufig vorkommenden Baumarten. Rottenburg 2003, S. 148. Loud., oder auch seltener als Form die Bezeichnung Quercus robur f. fastigiata. Da die Sämlinge dieser Säuleneichen unterschiedlich ausfallen, dürfte es sich bei den heute unter dem Namen ‚Fastigiata‘ angebotenen Bäumen um eine ganze ‚Fastigiata‘-Sortengruppe handeln. Die Sorte ‘Fastigiata Koster’, ein Sämling von ‘Fastigiata’, wächst noch schlanker und straffer aufrecht.
Geschichten und Sagen
hochkant=0. Schlanker, astfreier Stamm der Schönen EicheDie Schöne Eiche wurde früher teilweise als Wunderbaum verehrt. Wallfahrer, die auf dem Wege nach Walldürn waren, machten unter ihr Rast und schnitten dabei Rindenstücke, denen heilende Kräfte nachgesagt wurden, aus dem Stamm. Zu der ungewöhnlichen Wuchsform gab es in der Vergangenheit immer wieder Erklärungsversuche. Beispielsweise soll einst der Bischof von Mainz auf der Jagd in der Nähe der Schönen Eiche seine Monstranz verloren haben. Sie sei auf die noch junge Eiche gefallen und anschließend in den Stamm eingewachsen. Dies soll die Ursache für den ungewöhnlichen Wuchs der Eiche gewesen sein.
Seit etwa 1800 hält sich eine weitere Legende über die Schöne Eiche bis in die heutige Zeit. Demnach käme der senkrechte Wuchs der Triebe durch den Standort auf einem zugeschütteten Brunnenschacht. In diesem hätten die Wurzeln der Eiche zu wenig Platz und wüchsen nach unten. In gleicher Weise wie die Wurzeln, habe sich auch die Krone ausgebildet.
Der Schönen Eiche wurde von einem heute unbekannten Autoren auch ein Gedicht gewidmet. Es lautet nach der ersten schriftlichen Überlieferung: